Wie funktionierte der Gebrauchtwagenverkauf in der DDR ?

Hier gab es verschiedene Möglichkeiten, die eine war, man parkte sein Auto einige Tage in einer Straße,  die als Verkaufsstraße für Gebrauchtfahrzeuge bekannt war,  in Magdeburg war es z.B. die Bahnhofstraße.

Dort ließ man die Scheibe der Fahrertür seines Fahrzeuges  etwas herunter so dass ein kleiner Schlitz vorhanden war, wo der Kaufinteressent das  Angebot mit dem Preis den er bereit war zu zahlen sowie  seiner Adresse hat einwerfen können.  Eine Telefonnummer war auf den meisten Angeboten nicht verzeichnet, da die meisten Käufer wie aber auch die meisten Verkäufer über kein privates Telefon verfügten.

Stand dennoch eine Telefonnummer auf dem Angebot, war Vorsicht geboten, da es sich zumeist um Angehörige der Polizei oder Stasi handelte, die auch privat über ein Telefon verfügten.

An diesen Personenkreis sollte man sein Gebrauchtwagen aber lieber nicht verkaufen, da aber auch der DDR Bürger bestrebt war , so viel wie möglich für seinen Trabant, Wartburg, Lada oder Golf als Kaufpreis zu erhalten, machte man sich bei jedem Gebrauchtwagenverkauf also strafbar.

Sein Gebrauchtfahrzeug durfte nämlich nur zum amtlich festgelegten Schätzpreis verkauft werden, maximal noch 10 % darüber, alles andere war gemäß § 170 StGB der DDR strafbar.

§ 170. StGB der DDR Verletzung der Preisbestimmungen. 

(1) Wer einen höheren als den gesetzlich zulässigen Preis fordert oder vereinnahmt, um sich oder anderen einen ungerechtfertigten Vermögensvorteil zu verschaffen oder zu sichern, wird, wenn
1. der beabsichtigte oder erlangte Mehrerlös erheblich ist;
2. der Täter bereits wegen Preisüberschreitung bestraft oder innerhalb der letzten zwei Jahre mit einer Ordnungsstrafe oder von einem gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege zur Verantwortung gezogen worden ist,
mit öffentlichem Tadel, Geldstrafe, Verurteilung auf Bewährung oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer fahrlässig einen höheren als den gesetzlich zulässigen Preis veranlasst und vereinnahmt und dadurch für sich oder andere ungerechtfertigt einen erheblichen Vermögensvorteil erlangt oder aufrechterhält.

(3) Der Mehrerlös ist einzuziehen. Werden berechtigte Rückforderungsansprüche geltend gemacht, ist die Erstattung an den Geschädigten anzuordnen.

(4) Wer eine ihm obliegende Pflicht zur Führung des Nachweises über die Zulässigkeit und das Zustandekommen der von ihm berechneten Preise (Preisnachweispflicht) verletzt und dadurch vorsätzlich verursacht, daß die Einhaltung der gesetzlich zulässigen Preise nicht festgestellt werden kann, wird, wenn er bereits bestraft oder innerhalb des letzten Jahres disziplinarisch, mit einer Ordnungsstrafe, von einem gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege oder durch die Mitgliederversammlung einer sozialistischen Genossenschaft wegen Verletzung der Preisnachweispflicht zur Verantwortung gezogen worden ist, mit öffentlichem Tadel, Geldstrafe oder mit Verurteilung auf Bewährung bestraft.

Anmerkung: Andere Verstöße gegen das Preisrecht können als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

§ 173. StGB der DDR Spekulative Warenhartung. 

(1) Wer Rohstoffe oder Erzeugnisse in erheblichem Umfang über den persönlichen oder betrieblichen Bedarf hinaus aufkauft oder hortet, um einen unrechtmäßigen erheblichen Vorteil für sich oder andere zu erlangen, wird mit Geldstrafe, Verurteilung auf Bewährung oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.

(2) Wer durch die Tat die Versorgung der Volkswirtschaft oder der Bevölkerung gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu acht Jahren bestraft: Anmerkung:

Das gesetzwidrige Zurückhalten von Waren kann als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden.

Somit musste so gut es eben ging sichergestellt werden, dass man nicht auf einen Kollegen der Volkspolizei oder der Stasi beim Gebrauchtwagenverkauf traf.

Selbstverständlich konnte man sich auch an die Gesetzte der DDR halten, indem das Gebrauchtfahrzeug dem KTA (Kraftfahrzeugtechnische Amt) vorgestellt, dort ein Wertgutachten in Auftrag gegeben und anschließend zum Taxpreis verkauft wurde. (siehe Kaufvertrag mit Schätzurkunde)

 

 

Kraftfahrzeugtechnische Anstalt der Hauptverwaltung Kraftverkehr

SCHÄTZURKUNDE des KTA – Kraftfahrzeugtechnische Anstalt der Hauptverwaltung Kraftverkehr

    

 

Gebrauchtwagenkaufvertrag der DDR aus dem Jahr 1971

DDR Kaufvertrag aus dem Jahr 1971 über einen Trabant – nach Schätzurkunde des KTA Frankfurt / Oder

 

 

Für diesen Fall konnte man sein Fahrzeug auch gleich zu einer Staatlichen Aufkaufstelle, dem Vermittlungskontor (VEB Maschinen und Materialreserven) bringen, die zahlten den Schätzpreis aus der Urkunde und man war sein Auto ohne Risiko los.

Die nächste Variante war der „Blechmarkt“, den gab es auch in jeder größeren Stadt, meist in den Bezirksstädten wie Magdeburg, Dresden, Rostock, Potsdam usw. natürlich auch in der Hauptstadt der DDR, in Berlin. Hier funktionierte der Verkauf so:

Man fuhr mit seinem Auto auf den am Wochenende stattfindenden Blechmarkt, in Magdeburg fand dieser immer am Samstag statt und zwar auf dem heutigen Gelände der Bördelandhalle. Hier befanden sich zwei große Parkplätze, die zum Verkauf der Gebrauchtfahrzeuge kostenlos genutzt werden konnten, die Verkäufer kamen hier bereits früh am Vormittag aus dem ganzem Bezirk Magdeburg angereist um ihr Auto zu verkaufen oder es zu tauschen.

Hier blieb am im Auto sitzen und hörte sich die Gebote der Kaufinteressenten an, dies tat man so lange, bis man sich über den Preis einig war.

Da der zu zahlende Kaufpreis aber meist weit höher lag als der zulässige Kaufpreis musste im Kaufvertrag getrixt werden, denn einen Kaufvertrag vom Vorbesitzer brauchte man unbedingt, denn ohne Kaufvertrag konnte man das neu erworbene Gebrauchtfahrzeug beim zuständigen VPKA (Volkspolizei Kreisamt) nicht ummelden.

Also kam nun der knifflige und teils gefährliche Teil der Kaufabwicklung, denn man musste für einen 15 Jahre alten Wartburg ca. 20.000,00 Mark bezahlen, durfte aber, man erinnere sich an § 170 StGB der DDR, nur einen dem Fahrzeug angemessenen Kaufpreis in den Kaufvertrag schreiben, also je nach Zustand des Wagens, ca. 4000,00 bis 6000,00 Mark.

Wer nun bei der Abwicklung des Verkaufes seines Autos nicht aufpasste, unterschrieb den Kaufvertrag, mit einem Kaufpreis von so sagen wir mal 4000,00 Mark in der Hoffnung vom Käufer die zuvor als tatsächlich vereinbarten Kaufpreis von 20000,– Mark zu erhalten, obwohl vertraglich, der Rechtslage entsprechend nur 4000,00 Mark in Kaufvertrag schriftlich vereinbart waren, zu erhalten.

Nun gab es aber Käufer, die genau auf diesen Umstand spekulierten, die ließen sich den Kaufvertrag vom Verkäufer erst einmal unterschreiben und zahlten dann direkt auf dem Blechmarkt den im Kaufvertrag schriftlich eingetragenen Kaufpreis, den vereinbarten Rest zahlten sie jedoch nicht. Somit hatte der Käufer das Fahrzeug zum Schätzpreis erworben, was legal so gut wie unmöglich war, da kein DDR Bürger so blöd war, sein Auto auf das er teilweise 15 Jahre gewartet hatte, zu verschenken!

Weigerte sich der Verkäufer allerdings nun, dass Fahrzeug zum sich im Kaufvertrag befindlichem viel niedrigerem Kaufpreis heraus zu geben, wurde seitens des Käufers kurzerhand die Polizei herbei geholt, die dann den Verkäufer dazu zwang, das Fahrzeug an den Käufer herauszugeben,  da der im Kaufvertrag schriftlich vereinbarte Kaufpreis ja durch den Käufer ordnungsgemäß gezahlt worden ist.

Der Verkäufer konnte nun gegenüber der Polizei ja auch nicht angeben, dass eigentlich 20.000,00 Mark vereinbart waren aber nun nur 4000,00 Mark bezahlt worden sind, denn zum einen stand diese Absprache nicht im Kaufvertrag, somit war sie nicht beweisbar und zum anderen hätte sich der Verkäufer strafbar gemacht. Also gab der Verkäufer das Auto an den Käufer heraus und der Käufer freute sich seines Lebens !

Diese Vorgehensweise nannte man im Volksmund „ ROLLEN „.

Im Übrigen gab es hier ganze Banden, die sich auf diese Vorgehensweise zur Geldbeschaffung in der DDR spezialisiert hatten.

Allerdings blieben auch diese Banden nicht unbehelligt, da der häufige Kontakt mit der Volkspolizei natürlich auch der Stasi nicht entging, diese wiederum nahm dann Kontakt mit den „Käufern“ auf und bot an, dass sie ihre Vorgehensweise weiter betreiben könnten ohne bestraft zu werden, im Gegenzug aber als IM für die Stasi arbeiten müssten.

Auch ein zweiter Trick war für einige „Käufer“ ganz einträglich, der funktionierte so:

Der Käufer verlangte vom Verkäufer auf dem Blechmarkt die Eintragung des vollen Kaufpreises in den Kaufvertrag, im Anschluss begab sich der Käufer des Fahrzeuges zum KTA (Kraftfahrtechnische Anstalt) und ließ den Wagen bewerten, hier kam naturgemäß ein nur geringer Kaufpreis heraus.

Dann musste man nur noch den Verkäufer mit der Schätzurkunde des KTA aufsuchen und diesem drohen sein Fehlverhalten zur Anzeige zu bringen, es sei denn, er lässt die Differenz, die meist mehrere Tausend Mark betrug, dem Käufer nach und zahlte ihm diese wieder aus.

 Das alles war natürlich nur machbar, weil es einfach auf normalem Wege keine Auto´s gab. So musste man sich also zunächst einmal beim IFA-Vertrieb im Verkaufsbüro anmelden, dann wartete man je nach dem was für ein Auto bestellt worden war, zwischen 10 und 15 Jahre und dann…. dann kam es irgendwann.

Lieferangebot VEB Ifa-Vertrieb Magdeburg für einen Trabant

Lieferangebot VEB Ifa-Vertrieb Magdeburg für einen Trabant

Wer schlau war, der bestellte beim IFA-Vertrieb gleich alles was zu bestellen war, gleichzeitig konnten nämlich 1 Transportanhänger, 1 Wohnwagen und 1 Auto bestellt werden.

IFA-Vertrieb-Bestellungen

IFA-Vertrieb-Bestellungen

 

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